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Ausstellung

Bis zum 12.12.2025

Lindenstr. 27, 14662 Jahnberge

Einladung zur Ausstellung

Zwischen den Zeiten - Das Haus, die Familien, die Kunst

Eine künstlerische Hommage an ein Zuhause in Jahnberge von Rilana Vorderwülbecke

Über sechs Jahrzehnte war das Haus in Jahnberge Heimat der Familie Stark. Es ist ein Ort voller Erinnerungen, Alltag und Geschichten. Heute gehört das Grundstück zur Familie Domann-Vorderwülbecke. In dieser Ausstellung setzt sich die Künstlerin Rilana Vorderwülbecke mit der Geschichte des Hauses und der Menschen auseinander, die hier gelebt haben. Es ist ein stilles Zwiegespräch zwischen Vergangenheit und Gegenwart, zwischen Erinnerung und Neuanfang.

Wir freuen uns auf Ihren Besuch und den Austausch bei Kunst und Gesprächen.

Klänge werden Gefäße

Christoph Tannert, Berlin, 25.10.2025

Ein verlassenes Wohnhaus in Jahnberge hat Rilana Vorderwülbecke zum Ort einer künstlerischen Installation, besser wohl: einer situationsspezifischen Einrichtung gemacht, mit der sie im Oktober 2025 einen Ausschnitt ihrer aktuellen Werkproduktion zur Ansicht brachte, zugleich aber auch einen Abschied von den Vorbewohnern zelebrierte, was die Frage nach dem, was Heimat für die Künstlerin selbst bedeutet, einschloss.

Die Auseinandersetzung mit dem, was ein Zuhause sein kann, das Erhellen der Räume und Orte, die Vertrautheit atmen, interessiert die Künstlerin seit langem.

"Wohnen ist juristisch das, was biologisch atmen ist", hat der Schriftsteller Max Goldt in seinem 1988 veröffentlichten Text „Zehn hoch achtundfünfzig“ [1] geschrieben, nebst anderen kleinen Betrachtungen dazu, wie seltsam das Verb "wohnen" eigentlich ist, das fast nichts widerspiegelt und doch irgendwie einen Gehalt hat.

Wie Rilana Vorderwülbecke das künstlerische Erforschen des Zuhauses als eine Art von praktischem Weltverhältnis mittels plastischen Objekten aus Glas, Ton, Wolle, Pferdehaaren und Schaffell sichtbar macht, tangiert Betrachtungen über Herkunft, Ankunft und Verlust.

Aufgeladen vom Geist des Ortes und der Idee, dass das Zuhause nicht bloß eine Räumlichkeit, sondern eine Interaktionsform mit und durch bestimmte Körper ist, hat die Künstlerin ihre Ausstellung zeitweise für Begegnungen mit Publikum geöffnet, um dem Austausch über Erfahrungen des Loslassens, Ankommens und der Resonanz ein Podium zu bieten. So kam es dazu, dass auch Vorstellungen von Eigentlichkeit und Ursprünglichkeit diese Lokalität der Begegnung umkreisen. „Begegnung“ wurde zum zentralen Begriff künstlerischen Denkens und Fühlens. Er bildet die Antithese zur „Entfremdung“. 

Als Gegenstand des Sich-selbst-Einbringens in das Miteinander befreundeter Menschen konnte das Einschulungskleidchen der Künstlerin aus signalhaft weinrotem Cordsamt wahrgenommen werden, das neben weiteren Alltagsfundstücken in das phänomenologische Umkreisen der Idee vom Zuhause einbezogen wurde. Damit wird Selbstwahrnehmung artikuliert – „Wer bin ich hier in diesem Raum?“ – und der gefühlte Trend zur Individualisierung und Vereinsamung impliziert.

In den imaginären Dialog zwischen den Vorbewohnern des Hauses und der Künstlerin mischt sich die geradezu archäologische Rückschau auf die eigene Familie, Liebevolles und Kantiges, das handgreifliche Entstehen von etwas Neuem in Ton, leibbezogen, materialgerecht, aus Erde und Feuer erschaffen.

Die Präsentation der Kunstwerke von Rilana Vorderwülbecke ist etwas sehr Physisches, fast Intimes. Jeder Raum des ehemaligen Wohnhauses der Familie Stark entsperrt eine neue Tür zu Emotionen. Kunstwerke geben in ihrer Autonomie Kunde von einer Suche, die mit intensiven Erfahrungen einhergeht.

Sie nehmen das Publikum mit auf eine Reise ins Innere der menschlichen Seele.

Die Künstlerin hat einen Weg gefunden (wieder) heil zu werden und sich als ganz und vollständig zu erfahren. So bekommt die Ausstellung den Charakter einer Wandelzone in Richtung verschütteter oder verdrängter Lebensereignisse. Sie gewährt Impulse für spirituell interessierte Betrachter, die einen neuen Aspekt bezüglich bekannter Problematiken schätzen.

Eine besondere Qualität der Werke liegt in der Authentizität, mit der die Künstlerin ihre Erfahrungen zum Ausdruck bringt. Ihre Gefäße sind halb geöffnet, halb geschlossen – wie das Lebensspektrum von Blumenkelchen, gehöhlt und himmelwärts adressiert wie Musik. Eine wohltemperiert durchmeditierte Praktik.

Auf die Grundelemente gebracht, kreisen ihre Werke um die Energiefelder von Leere und Fülle, Rundung, Öffnung, Gewinn und Verlust schöpferischer Potentiale. Es ist vielleicht eine aktuell anmutende Parallelbewegung zu Paul Gauguins Ausbruch in die Südsee und seinem dort entstandenen Bild
„Woher kommen wir, wer sind wir, wohin gehen wir?“.

Ein „Kopf“ aus Schafwolle muss mehr als bloß rational gefasst werden. Er ist weich in der Anmutung, ein zauberhaftes Gebilde, in spielerischer Bildhaftigkeit ersponnen.

In 13 „Kragen“ finden vier noch lebende und neun bereits pränatal verstorbene Geschwister der Künstlerin ihr subtiles Erinnerungsmal, in Ton auf die Welt gebracht, im Raku gebrannt (mit den typischen Craquelé-Rissen in der Glasur), an herausgehobener Stelle zusätzlich aufgewertet mit der Methode des Kintsugi, die auf die Attraktivität, die auch im Unperfekten ruht, hindeutet. Wir werden des Phänomens gewahr, in dem Psychoplasma zur Form gerinnt und so etwas wie Berührung entsteht, ein ‚anderer Zustand‘ in der Gleichzeitigkeit von aktiv und passiv, als Versenktheit der Versenkung.


Rilana Vorderwülbecke formt Klänge um in Gefäße. Wenn man in diese hineinhört, hat man den Eindruck, die verankerte Idee des Klangs, der wie alles Lebendige aus dem Nichts entsteht und wieder im Nichts endet, hätte hier Heimat gefunden.

Diese Künstlerin ist keine Ansprechpartnerin für klischeesattes Wellness-Geraune. Vielmehr sind ihre Werke handfeste Hallräume des Bodenständigen.

Nicht zu explizit zu sein, gehört ebenfalls zu ihren Prinzipien.

Die Anwendung von Techniken des Verschweigens und Verbergens, das ist der Clou ihres Umgangs mit dem Material Ton. Sie knetet nicht, was auf der Hand läge, funktionale Zusammenhänge zum Beispiel, Gebrauchskeramik oder figurative Darstellungen, wie sie sich bis heute zu Hauf in der Nippes-Produktion finden. Die Entscheidung dafür ist wohl eine ästhetische: Nichts stürzt so leicht ab oder erweckt so schnell Überdruss wie allzu explizite figürliche Szenen. Ihre Kunst ist insofern ein geglücktes Plädoyer für noble Zurückhaltung. Weitere Türen öffnet die Phantasie.

Wie man weiß, tut man sich in Deutschland mit Kunst gemeinhin schwer, die keinen Anspruch darauf erhebt, ultramodern zu sein. Aber gerade weil Rilana Vorderwülbecke nicht diskurspolitisch, sondern existentiell operiert, ist ihre Kunst zeitlos. Deren äußeres Erscheinungsbild ist inhaltsunabhängig und verweist zuallererst auf den Prozess seiner eigenen Hervorbringung. Der gewählte keramische Herstellungsprozess ist an sich bereits ein Artifizialitätssignal. Eine maßgebliche inhaltliche Komponente ergibt sich aus der unangestrengten Hervorbringung mit der Hand. Sämtliche wesentlichen Bestandteile dieser amorphen Wesenskerne, Auffaltungen und gerundeten Gefäße sind Abdrücke und Vergegenständlichungen des Händischen. Spontan und direkt geformt. Ohne Narrationsfloskeln eingeführt, zuweilen mit Haaren und/oder Wolle ergänzt oder kontrastiert, die eine verlorene Wirklichkeit kreieren und das Unerwartete provozieren.

 

 

Christoph Tannert, Berlin, 25.10.2025

 


[1] Goldt, Max: Zehn hoch achtundfünfzig. In: Goldt, M.: Die Radiotrinkerin. Zürich: Haffmans Verlag 1991, S.23

Resonance in Equine Presencing (REAP)

Sommer 2026

Jahnberge bei Berlin

Resonance in Equine Arts Presencing (REAP)

3-Tage-Zertifikatskurs für verkörperte Präsenz, Kunst & Pferdegestützte Resonanzarbeit

Ein transformativer Erfahrungsraum an der Schnittstelle von Kunst, Körperintelligenz und Pferdeweisheit.

Der REAP-Zertifikatskurs lädt dich ein, in die feine Welt der Resonanz mit Pferden einzutauchen – und dabei deine eigene kreative Ausdruckskraft und somatische Präsenz neu zu entdecken. Inspiriert von somatischen Praktiken, künstlerischen Zugängen und pferdegestützter Bewusstseinsarbeit, verbindet REAP Verkörperung, nonverbale Kommunikation, intuitive Wahrnehmung und kreative Prozesse.